• Naja, aber den aufgeführten Zeitungen geht es ja nicht wirklich um die Debatten-Kultur an sich (denn sonst würden sie weniger reißerische Titelblätter machen). Sondern denen geht es ja hier vor allem darum, progressive Kritik an unserem System als Zensur zu framen und damit den Status Quo aufrechtzuerhalten. Denn was steckt denn hinter dem “was darf man denn noch sagen?” eigentlich? Es geht darum, dass Leute für sexistische, rassistische oder sonstwie menschenverachtende Kommentare nicht kritisiert werden sollen. Dass Menschen in machtvollen Positionen weiterhin keine Konsequenzen für die Gewalt, die sie ausüben, tragen sollen. Es geht diesen Zeitungen nicht um das ausloten einer besseren Debattenkultur.

    Und natürlich gibt es riesige Probleme mit der debattenkultur per se. Online werden Leute mit soviel Hass (oder Klagen) überschüttet, bis sie völlig am Ende sind. Und das sind halt vor allem sowieso schon marginalisierte Menschen. Anita Sarkeesian war eine der ersten, die sowas massenhaft abbekommen hat, aber das ja mittlerweile Alltag im Netz. Das als linkes Problem darzustellen ist schon genial. Denn dadurch wird zum einen vom ganzen Hass von konservativen bis rechten Menschen abgelenkt. Und zum anderen brauch auch linke Kritik dann nicht mehr ernst genommen werden, wird tone policed. Es ist zwar ne völlige Verdrehung der Realität, aber der confirmation bias regelt das schon.

    Und ja, es gibt ne Polarisierung. Keine Ahnung, wie wir damit umgehen sollen. Wie können wir verhindern, dass große Teile der Gesellschaft weiter in den Faschismus abdriften? Wie machen wir privilegierten Menschen begreifbar, dass eine Öffnung der Gesellschaft für alle auch allen helfen wird? Der Feminismus hat es ja auch noch nicht geschafft, cis Männern begreiflich zu machen, dass sie von einer feministischen Gesellschaft selber stark profitieren würden. Aber all das würde halt auch Veränderung und Aufgabe des status quo bedeuten. Und Rassismus, Sexismus, etc sind ja an den Kapitalismus gebunden, bzw durch ihn hervorgebracht. Den Kapitalismus werden wir so schnell nicht los werden. Also vielleicht erstmal an die Empathiefähigkeit von Menschen appellieren?